8. Oktober 2024
KÖNNEN SIE UNS NOCH HÖREN?
Oder ist es vielleicht gar nicht so laut bei Ihnen? Immerhin – der Titel hat es Ihnen bereits verraten – geht es in diesem Beitrag um den Lärmschutz bei Ihnen zu Hause. Denn wirklich leise ist es in unseren Breiten fast nirgends mehr. Selbst auf dem kleinsten Dorf rumpeln die LKWs der Lieferdienste durch die Gassen, die nächste Schnellstraße rauscht im Hintergrund und irgendjemand muss immer dann genau den Rasen mähen, wenn Sie sich einmal entspannen möchten.
Deshalb werfen wir in den folgenden Zeilen einen intensiven Blick auf Maßnahmen gegen den Lärm, draußen wie drinnen. Welche gibt es, welche lassen sich auch nachträglich einfach installieren und wie effektiv sind sie?
Aber zunächst starten wir mit einer wichtigen Frage:
Laut offizieller Definition ist Lärm jedes unerwünschte Geräusch, das subjektiv als zu laut empfunden wird.
Das klingt zunächst banal und einleuchtend. Allerdings versteckt sich in dem Satz ein Wörtchen, das eine genaue Einordnung von Lärm schwierig macht: subjektiv. Denn jede:r empfindet Geräusche anders.
Für den einen ist das Kindergelächter auf dem nahen Spielplatz ein Stück Lebensqualität, für die andere eine unzumutbare Lärmbelästigung. Wer selbst den Schlagbohrer in der Hand hält, stört sich weniger an seinem Dröhnen als die unschuldigen Nachbar:innen. Aber vor allem: Jeder Mensch ist unterschiedlich empfindlich gegenüber Lautstärken. Hörvermögen, Gewöhnung, Sensibilisierung – viele Faktoren spielen eine Rolle.
Wir können uns also nicht einfach hinstellen und sagen: „Dieses Geräusch ist Lärm, dieses ist kein Lärm.“ Trotzdem lässt Lautstärke sich klassifizieren:
Um zu beschreiben, wie laut ein Geräusch ist, wird im Allgemeinen der Dezibel-Wert (dB) herangezogen. Dieser misst den Schalldruckpegel, mit dem ein Ton unsere Ohren erreicht, ignoriert allerdings seine Frequenz. Es gibt also Geräusche, die einen sehr hohen Dezibel-Wert besitzen, die uns allerdings kaum stören, weil unsere Sinnesorgane ihre Frequenz nicht wahrnehmen. Ein Hund dagegen könnte vor Schmerz aufheulen. Physiker:innen rechnen daher lieber in der Einheit Sone.
Nichtsdestotrotz: Dezibel ist die Skala, die sich im Verkehrsdeutsch durchgesetzt hat. Dabei besitzt sie noch weitere Tücken. So ist sie auch nicht linear, sondern logarithmisch. Das heißt, 60 Dezibel ist nicht doppelt so laut wie 30 Dezibel, sondern viel, viel lauter – nämlich achtmal so laut. Eine Verdopplung der Lautstärke erfolgt in etwa alle 10 Dezibel.
Was heißt das aber im wirklich wahren Leben und für die Frage: Was ist Lärm?
0 dB | Die berühmte Stecknadel, die in einiger Entfernung auf den Boden fällt. |
20 dB | Ein ruhiges Zimmer bei geschlossenen Fenstern und Türen. |
50 dB | Die Lautstärke einer normalen Unterhaltung ohne unangenehm laut sprechende Menschen. |
80 dB | Die Lautstärke eines vorbeifahrenden PKW mit 50 km/h – ab diesem Wert können Gesundheitsschäden auftreten, wenn sie ihm dauerhaft ausgesetzt sind. |
85 dB | Baustellenlärm aus circa 10 Metern Entfernung |
120 dB | Ein Presslufthammer oder ein sehr lautes Rockkonzert. Hier drohen permanente Schädigungen des Gehörs; empfindliche Menschen können einen Herzinfarkt erleiden. |
130 dB | Ein startendes Düsenflugzeug – 130 dB gilt als Schmerzgrenze. Geräusche ab dieser Lautstärke erzeugen tatsächlich körperlichen Schmerz. |
320 dB | Das lauteste Geräusch, das jemals von Menschen gehört wurde (und die dies vermutlich nicht überlebt haben): der Ausbruch des indonesischen Krakatauvulkans auf der Insel Java am 27. August 1883. |
Die wichtigste Erkenntnis aus den Werten lautet vermutlich: Lärm stört nicht nur, er kann auch krank machen. Verantwortlich dafür ist der urtümliche Teil unseres Gehirns, denn als wir alle noch in Höhlen lebten, bedeuteten laute Geräusche vor allem Gefahr. Raubtiere, Unwetter, Erdrutsche – allesamt sind sie laut und tödlich. Unser Körper reagiert mit Stress, versetzt uns in Anspannung und löst den Fight-or-Flight-Instinkt aus. Und wer ständig unter Stress steht, wird bekanntlich nicht alt …
Grund genug also, uns vor Lärm zu schützen.
Der beste Lärmschutz ist tatsächlich, den Lärm erst gar nicht entstehen zu lassen. Da Sie Ihre Straße aber vermutlich weder eigenmächtig für Autos abriegeln können, noch Ihr Nachbar besonders begeistert sein wird, wenn Sie das Kabel seines Rasenmähers kappen, müssen wir uns anders behelfen. Am besten so:
Schallschutz im Freien funktioniert nach einem ebenso einfachen wie wirksamen Prinzip: Die Schallwellen werden blockiert. Durch Objekte, die den Lärm entweder reflektieren oder ihn absorbieren. Grundsätzlich kommen dafür zwei Maßnahmen infrage:
Die effektivste und wahrscheinlich älteste Maßnahme gegen Lärm im Garten ist tatsächlich ein Wall aus Erde, der anschließend bepflanzt wird. Einfriedung wird so eine Schutzwand heute immer noch genannt – je höher und dicker sie ist, desto besser. Denn wenig schluckt Schall effektiver als Erdreich.
Praktikabel ist diese Art des Lärm- und Schallschutzes im Garten allerdings nicht. Sie verbraucht reichlich Platz und kommt damit nur für sehr große Grundstücke infrage, die im Idealfall auch nicht an einen Nachbargarten grenzen. Nachrüsten lässt sie sich auch nur schlecht; allein, weil alle anderen Anlieger:innen ihnen aufs Dach steigen werden, wenn Sie – wahrscheinlich unter großem Lärm – Tonnen an Erdreich ankarren lassen.
Aber sollten Sie tatsächlich ein großes, einsames Areal erwerben, vielleicht einen alten Bauernhof, dann kann es sich lohnen, mit der Architektin über eine Einfriedung zu reden.
Deutlich praktischer ist eine Schallschutz- oder Lärmschutzwand, die es für den Garten in den verschiedensten Ausführungen gibt: aus Holz, Glas, Beton oder als Mauerwerk. Auch hier gilt: Je dicker und höher, desto besser. Wenn Sie die Mauer zusätzlich bepflanzen, können Sie den schallschluckenden Effekt noch einmal multiplizieren.
Vor allem aber ist, dank der vielfältigen Konstruktionen, eine Lösung für jeden Garten und jeden Geldbeutel dabei. Sollte etwa kein Platz für eine gemauerte Wand vorhanden sein, greifen Sie einfach zu einem Schallschutz aus Holz, den Sie in der Regel auch selbst aufstellen können. Dazu ein paar dicht wachsende Rankengewächse und fertig ist der Schallschutz. Um bis zu 20 Dezibel (Faktor Vier) lässt sich der Lärm so reduzieren – und gut aussehen tut ein bepflanzter Lärmschlucker obendrein.
Weil sie immer noch so beliebt sind, außerdem ein paar Worte zu Gabionen: Wenn Sie den Stahlkäfig mit Bruchstein aus Granit auffüllen, erreichen Sie keinen effizienten Lärmschutz; die Abstände zwischen den Steinen sind dafür zu groß. Greifen Sie lieber zu einem Füllmaterial, das dicht an dicht liegt; etwa rundgeschliffene Flusssteine. Das macht auch optisch mehr her.
Beachten Sie zuletzt, dass eine einfache Hecke Ihnen zwar Sichtschutz bietet, für den Lärmschutz allerdings nicht viel taugt. Wenn Sie Ihren Garten durch eine Hecke abtrennen möchten und es gleichzeitig leise mögen, dann pflanzen Sie einfach zwei Hecken, auf jeder Seite der dazwischenliegenden Lärmschutzwand eine.
Während sie im Garten ein wenig archaisch anmuten, sind Lärmschutzmaßnahmen für den Innenbereich eher technischer Natur. Die effizientesten Methoden sind:
Normale Fensterscheiben lassen jede Menge Krach ins Innere einer Wohnung. Schallschutzfenster sind dagegen so konstruiert, dass sie die Vibration nicht weitergeben, sondern schlucken und Lautstärken so um 29 bis 50 Dezibel reduzieren können.
Das ist deutlich leiser, hat allerdings zwei Nachteile: Zum einen funktioniert der Schallschutz nur bei geschlossenen Fenstern, was insbesondere im Sommer nicht ideal ist. Zum anderen reicht das Glas alleine nicht aus. Auch Rahmen, Dichtung und das umliegende Mauerwerk sollten auf Schallschutz optimiert werden. Besser als eine einfache Glasscheibe ist ein Schallschutzfenster aber allemal. Für den kleinen Geldbeutel stellen Rollläden und dicke Vorhänge eine nicht ganz so effektive, aber günstige Alternative dar.
Schallschutztüren wiederum kennen Sie vermutlich aus Arztpraxen oder der Anwaltskanzlei. Erhältlich sind sie in drei Gewichtsklassen, die den Schalldruck um 32 bis 42 Dezibel reduzieren können. Für den Privatgebrauch empfehlen sie sich vor allem als Wohnungstüren in Mehrfamilienhäusern – oder für das Kinderzimmer bei entsprechend lautstarkem Nachwuchs.
Eine Schallschutztür lässt sich problemlos in die meisten Türrahmen einsetzen, funktioniert aber immer dann am besten, wenn auch die Dichtung auf Lärmschutz ausgelegt ist.
Um Wände und Decken vor Lärm zu isolieren, existieren zahlreiche Möglichkeiten: Fassadendämmungen, Trockenbauplatten für Innenwände, eingezogene Zwischendecken oder Trittschalldämmungen.
Leider lassen sich die wenigsten von ihnen in Eigenregie realisieren, sondern erfordern immer die Arbeit von Spezialist:innen, Zeit, Geld und ausreichend Nerven, um die Baustelle in den eigenen vier Wänden zu ertragen.
Dafür sind die Maßnahmen sehr effizient. Eine Schallschutzdämmung an der Außenfassade kann den Lärm, je nach Ausführung und den zum Einsatz kommenden Materialien, um bis zu 40 Dezibel reduzieren. Im Innenbereich wird es um zehn bis 20 Dezibel leiser – mehr als genug also, um den Radiosender der Nachbarin nicht mehr mithören zu müssen.
Nichtsdestotrotz: Um Lärmschutz an Wand und Decke wirklich umzusetzen, sollten Sie schon handwerklich begabt sein oder im Web nach Handwerkerbetrieben in Ihrer Nähe suchen. Aber eine letzte Möglichkeit gibt es ja noch:
Wussten Sie, dass ein Großteil des Straßenlärms oft über das Dach ins Innere eines Hauses dringt? Denn Dächer können wie riesige Resonanzkörper für Schallwellen wirken und den Lärm nicht nur ungefiltert weitergeben, sondern ihn mitunter auch noch verstärken. Wenn Sie also ganz oben am Haus mit dem Lärmschutz beginnen, können Sie ihn sich in vielen Fällen weiter unten sparen.
Am elegantesten erreichen Sie einen schalldämmenden Effekt dabei nicht nur aufwendige Sanierungsmaßnahmen mit Holzwolle und extradicker Dachpappe, sondern tatsächlich durch eine Dachbegrünung. Denn, Sie erinnern sich an die Einfriedung von weiter oben? Erde und Pflanzen sind ein top Lärmschlucker.
Dabei beschränken sich die Vorteile einer Dachbegrünung allerdings nicht nur auf den Lärmschutz. Die Liste ist deutlich länger:
So sieht ein Gründach zunächst natürlich deutlich besser aus als graue Dachpappe und bietet vielen bedrohten Tierarten eine Heimat. Außerdem verbessern bepflanzte Dächer das Klima in den darunterliegenden Räumen und in ihrer unmittelbaren Umgebung, tragen zum Schutz vor Hochwasser bei und helfen im Kampf gegen den Klimanotstand.
Aber das vielleicht Beste: Anders als die meisten anderen schallisolierenden Maßnahmen im Außenbereich eines Hauses lässt der Aufbau einer Dachbegrünung sich sehr einfach selbst bewerkstelligen. Immer vorausgesetzt natürlich, sie entscheiden sich für ein vormontiertes und vorbegrüntes Komplettsystem und wollen kein Dach begrünen, das so steil ist wie eine Olympiasprungchance.
Und Ihr Garten? Den kann eine Dachbegrünung ebenfalls vor Lärm schützen. Denn mit Gewächsen auf Garage oder Carport werden die Bauten ein gutes Stück höher und absorbieren so noch mehr Schallwellen.
Halten wir also fest: Lärm ist überall, zumindest subjektiv. Er macht uns krank, deshalb ist es wichtig, uns vor ihm zu schützen. Über eine bepflanzte Lärmschutzwand im Garten funktioniert das sehr einfach. In Haus und Wohnung sind Schallschutzmaßnahmen leider nur aufwendig umzusetzen; der Geheimtipp heißt hier Dachbegrünung.
Abschließend eine letzte Sache: Ist Ihnen während des Lesens auch aufgefallen, wie laut es überall ist? Beim Schreiben ging es uns jedenfalls so. Deshalb wäre es vernünftig, wenn wir alle ein wenig mehr Rücksicht nehmen. Die Musik nicht bis zum Anschlag aufdrehen, nicht mit Vollgas durch die Straße brettern und den Rasenmäher mal stehen lassen.
Wenn Sie sich dann bei uns melden, zum Beispiel, weil Sie Fragen zu Ihrer neuen Dachbegrünung haben, verstehen wir uns dann auch gleich viel besser. Wir freuen uns auf Sie.
Coverbild: lobpreis, weitere Bilder: PublicDomainPictures, Alexei_other